Die digitale Aussteuerung der Energieflüsse ist für Unternehmen die Grundlage für die effektive Nutzung von selbst erzeugter Energie, den marktoptimierten Bezug und die Flexibilisierung des Verbrauchs mit dem Ziel der Senkung der Betriebskosten. Das EMS steuert Speicher, PV-Generatoren, Blockheizkraftwerke und andere Generatoren sowie auch die lokalen Lasten und den Netzbezug aus. Neben der durch Normierung detailliert geregelten elektrischen Anbindungen der Komponenten bedarf das EMS auch einer Kommunikations-Infrastruktur, die resilient ausgelegt sein muss.
Dieser Artikel thematisiert einige Herausforderungen solcher digital vernetzen Umgebungen und die hieraus resultierende Empfehlung einer unabhängigen Begutachtung solcher Systeme.
EMS sind Softwareprojekte mit integrierter Hardware
In der Projektpraxis werden in solchen Systemen meist Komponenten mehrere Hersteller systemisch verknüpft und das Zusammenspiel durch das EMS realisiert. Bestimmte Anforderung an die EMS Integration werden häufig nicht am Anfang der Projektierung priorisiert und können im Projektverlauf dann oft zu Verzögerungen und Herausforderung bei der Inbetriebnahme führen. Meist werden die systemisch notwendigen Softwarekomponenten in ihrer Komplexität unterschätzt. Klassische Statements von Herstellern bei der Projektierung sind zum Beispiel: „Können wir alles integrieren!“, die Gegenfrage wäre: „Gibt es Referenzen und in welcher Version existiert die Software ?“ Existiert eine Integration softwareseitig noch nicht, muss diese im Rahmen des Projekts entwickelt werden und Sie befinden sich im Handumdrehen mitten in einem Softwareprojekt, welches zum Gelingen auch die reibungsfreie Zusammenarbeit verschiedener Hersteller bedingt.
Regel-Latenzen – werden gerne unterschätzt
Bei Auswahl der Systemkomponenten werden leider häufig die Regel-Latenzen zwischen EMS und Komponenten im Vorfeld nicht betrachtet, obwohl genau diese eine wichtige Entscheidungsgrundlage für bestimmte Szenarien darstellen. Zum Beispiel im Netzanschlusspunkt (NAP) Booster Szenario, in dem die Last die Anschlussleistung z.B. durch eine Ladeinfrastruktur überlasten kann und durch Speicher die fehlende Leistung bereitgestellt wird. In diesem Fall wird von dem EMS zusätzlich gefordert den NAP gegen ein Auslösen der Lasttrennschalter abzusichern. Zur Orientierung wird in der VDE-AR-N 4105 für Erzeugeranlagen im Niederspannungsnetz definiert, dass typgeprüfte Komponenten mit Zertifikat für den NA-Schutz Abschaltzeiten von unter 200ms aufweisen müssen. Die Latenzen des EMS bei der Regelung einer Ladeinfrastruktur durch z.B. sehr volatile PV-Leistung sind daher zu messen und zu bewerten. Für kritische Infrastrukturen, kann es notwendig sein zusätzliche zertifizierte Lastflussregler mit Kuppelschalter zu installieren, um einen Not-Lastabwurf zu gewährleisten.
Größere Regel-Latenzen zwischen EMS und Komponente können auch zu unerwünschten Regelschwingungen führen, die meist codeseitige Anpassungen im EMS oder komponentenseitig notwendig machen. Daher sind bei der Abnahme solcher Systeme Testfahrten zwingend erforderlich, um das Laufzeitverhalten zu bewerten und eventuell notwenige Maßnahmen abzuleiten.
Failsafe – Wenn nichts mehr geht
Failsafe ist der Rettungsanker, wenn die Kommunikation mit dem EMS gestört ist. Jede gesteuerte Komponente muss in diesem Fall einen definierten Zustand einnehmen. Zum Beispiel würde eine Ladeinfrastruktur die Last auf ein vorher definiertes Limit automatisch reduzieren oder das PV-Wechselrichter Cluster die Leistung dimmen. Die Failsafe-Zustände der Komponenten müssen projektspezifisch definiert werden und die Komponenten müssen diese Funktion auch unterstützen. Die für den Failsafe notwendigen Mechanismen sind nicht standardisiert und sollten je Komponente geprüft werden.
Was, wenn das EMS blind ist?
Aber nicht nur die Kommunikation zwischen EMS und Generatoren, Speichern und Ladeinfrastrukturen kann gestört sein, sondern auch die Kommunikation mit den EMS-Messmitteln. Das EMS kann nur regeln, wenn die Leistungsflussdaten zu 100% die realen Netzbedingungen abbilden. Wie verhält sich das EMS bei fehlerhaften Messdaten, kann es diese überhaupt detektieren? Für kritische Infrastrukturen empfiehlt es sich hier redundante Messmittel zu installieren.
Ein weiterer Aspekt ist die physische Messbarkeit der Energieflüsse. Bei größeren Leistungen werden gerne Leistungsstränge parallelisiert und separat abgesichert, dabei aber manchmal nur ein Strang mit Messmitteln versehen. In diesem Fall kann das EMS potentiell eine Reduzierung der Leitungskapazität nicht detektieren und die Leistung nicht den neuen physischen Gegebenheiten anpassen.
Dynamische Strompreise – Einbindung externer APIs
Dynamische Strompreise bieten die Möglichkeit, zu Zeiten mit niedrigen Marktpreisen Energie günstiger zu beziehen. Auch die netzdienliche Einspeisung bei hohen Markpreisen aus einem Speicher oder überflüssiger Energie aus anderen Generatoren kann sich lohnen, wenn genügend Flexibilität vorhanden ist.
Das EMS muss die dazu nötige Steuerung auf Basis externer Marktpreissignale übernehmen. Hierbei gilt es immer zu prüfen, wie sich das EMS verhält, wenn das Markpreissignal ausfällt oder potenziell fehlerhafte Daten enthält. Wir dürfen in diesem Zusammenhang nicht unterschätzen, dass fehlerhafte Daten potentiell zu einem kostspieligen Bezug von Energie führen können. Grundsätzlich gilt, dass alle externen in das EMS eingebunden Datenquellen unter diesen Aspekten betrachtet werden sollten.
Flexibilisierung
Die Flexibilisierung des netzseitigen Energiebezugs wird eine der Kernaufgaben moderner EMS sein, um maximale Einsparungen zu ermöglichen und ist die Grundlage für die sinnvolle Nutzung dynamischer Strompreise. Die Aussteuerung der Komponenten erfolgt dann auf Basis von lokalen Bedarfsprognosen und Marktsignalen. Da eine Bedarfsprognose meist mit Hilfe von Machine Learning (ML) auf Basis lokaler Daten erfolgt, gilt es zu validieren wie sichergestellt werden kann, dass diese Prognose nicht grob fehlerhaft ist und zu dysfunktionalem Ausregeln der Energieflüsse führt.
Cybersecurity – Wirklich sicher?
Die Einbindung des EMS in externe Cloud Services und die Kommunikation mit den zu steuernden Komponenten bedarf einer Sicherheitsbetrachtung der Kommunikationsinfrastruktur. Hierbei müssen Aspekte der Authentifizierung, Autorisierung, Netzwerksicherheit und Verschlüsselung der Kommunikation betrachtet werden. Häufig existieren jedoch nicht einmal Pläne der installierten Netzwerksinfrastruktur.
Bewertung
Eine sachkundige Begutachtung eines EMS muss je nach Komplexität und gewünschtem Umfang verschiedenste Aspekte bewerten. Ziel der Begutachtung ist die Reduzierung der Risken für ein Systemausfall oder dysfunktionale Energieflussregelung. Die in diesem Artikel angesprochenen Punkte ergänzen die Standard Validierung eines EMS im Rahmen einer Bewertung. Neben den funktionalen Aspekten, sind für das EMS gerade im operativen Bereich Anforderungen an das Monitoring und Patchmanagement der Software zu beachten, um Laufzeitprobleme zeitnah zu detektieren und zu beheben. Im Gegensatz zu technischen Prüfungen, die einen hohen Anteil statischer Aspekte validieren, sind Prüfungen eines EMS primär bezogen auf Laufzeitverhalten und es empfiehlt sich daher eine frühzeitige Integration in das Projekt. Verstärken Sie Ihr Projekt mit unabhängigen sachkundigen EMS Experten, um Ihre Projektrisiken zu minimieren.
Energie Management Systeme – Herausforderungen in der Projektpraxis
Die digitale Aussteuerung der Energieflüsse ist für Unternehmen die Grundlage für die effektive Nutzung von selbst erzeugter Energie, den marktoptimierten Bezug und die Flexibilisierung des Verbrauchs mit dem Ziel der Senkung der Betriebskosten. Das EMS steuert Speicher, PV-Generatoren, Blockheizkraftwerke und andere Generatoren sowie auch die lokalen Lasten und den Netzbezug aus. Neben der durch Normierung detailliert geregelten elektrischen Anbindungen der Komponenten bedarf das EMS auch einer Kommunikations-Infrastruktur, die resilient ausgelegt sein muss.
Dieser Artikel thematisiert einige Herausforderungen solcher digital vernetzen Umgebungen und die hieraus resultierende Empfehlung einer unabhängigen Begutachtung solcher Systeme.
EMS sind Softwareprojekte mit integrierter Hardware
In der Projektpraxis werden in solchen Systemen meist Komponenten mehrere Hersteller systemisch verknüpft und das Zusammenspiel durch das EMS realisiert. Bestimmte Anforderung an die EMS Integration werden häufig nicht am Anfang der Projektierung priorisiert und können im Projektverlauf dann oft zu Verzögerungen und Herausforderung bei der Inbetriebnahme führen. Meist werden die systemisch notwendigen Softwarekomponenten in ihrer Komplexität unterschätzt. Klassische Statements von Herstellern bei der Projektierung sind zum Beispiel: „Können wir alles integrieren!“, die Gegenfrage wäre: „Gibt es Referenzen und in welcher Version existiert die Software ?“ Existiert eine Integration softwareseitig noch nicht, muss diese im Rahmen des Projekts entwickelt werden und Sie befinden sich im Handumdrehen mitten in einem Softwareprojekt, welches zum Gelingen auch die reibungsfreie Zusammenarbeit verschiedener Hersteller bedingt.
Regel-Latenzen – werden gerne unterschätzt
Bei Auswahl der Systemkomponenten werden leider häufig die Regel-Latenzen zwischen EMS und Komponenten im Vorfeld nicht betrachtet, obwohl genau diese eine wichtige Entscheidungsgrundlage für bestimmte Szenarien darstellen. Zum Beispiel im Netzanschlusspunkt (NAP) Booster Szenario, in dem die Last die Anschlussleistung z.B. durch eine Ladeinfrastruktur überlasten kann und durch Speicher die fehlende Leistung bereitgestellt wird. In diesem Fall wird von dem EMS zusätzlich gefordert den NAP gegen ein Auslösen der Lasttrennschalter abzusichern. Zur Orientierung wird in der VDE-AR-N 4105 für Erzeugeranlagen im Niederspannungsnetz definiert, dass typgeprüfte Komponenten mit Zertifikat für den NA-Schutz Abschaltzeiten von unter 200ms aufweisen müssen. Die Latenzen des EMS bei der Regelung einer Ladeinfrastruktur durch z.B. sehr volatile PV-Leistung sind daher zu messen und zu bewerten. Für kritische Infrastrukturen, kann es notwendig sein zusätzliche zertifizierte Lastflussregler mit Kuppelschalter zu installieren, um einen Not-Lastabwurf zu gewährleisten.
Größere Regel-Latenzen zwischen EMS und Komponente können auch zu unerwünschten Regelschwingungen führen, die meist codeseitige Anpassungen im EMS oder komponentenseitig notwendig machen. Daher sind bei der Abnahme solcher Systeme Testfahrten zwingend erforderlich, um das Laufzeitverhalten zu bewerten und eventuell notwenige Maßnahmen abzuleiten.
Failsafe – Wenn nichts mehr geht
Failsafe ist der Rettungsanker, wenn die Kommunikation mit dem EMS gestört ist. Jede gesteuerte Komponente muss in diesem Fall einen definierten Zustand einnehmen. Zum Beispiel würde eine Ladeinfrastruktur die Last auf ein vorher definiertes Limit automatisch reduzieren oder das PV-Wechselrichter Cluster die Leistung dimmen. Die Failsafe-Zustände der Komponenten müssen projektspezifisch definiert werden und die Komponenten müssen diese Funktion auch unterstützen. Die für den Failsafe notwendigen Mechanismen sind nicht standardisiert und sollten je Komponente geprüft werden.
Was, wenn das EMS blind ist?
Aber nicht nur die Kommunikation zwischen EMS und Generatoren, Speichern und Ladeinfrastrukturen kann gestört sein, sondern auch die Kommunikation mit den EMS-Messmitteln. Das EMS kann nur regeln, wenn die Leistungsflussdaten zu 100% die realen Netzbedingungen abbilden. Wie verhält sich das EMS bei fehlerhaften Messdaten, kann es diese überhaupt detektieren? Für kritische Infrastrukturen empfiehlt es sich hier redundante Messmittel zu installieren.
Ein weiterer Aspekt ist die physische Messbarkeit der Energieflüsse. Bei größeren Leistungen werden gerne Leistungsstränge parallelisiert und separat abgesichert, dabei aber manchmal nur ein Strang mit Messmitteln versehen. In diesem Fall kann das EMS potentiell eine Reduzierung der Leitungskapazität nicht detektieren und die Leistung nicht den neuen physischen Gegebenheiten anpassen.
Dynamische Strompreise – Einbindung externer APIs
Dynamische Strompreise bieten die Möglichkeit, zu Zeiten mit niedrigen Marktpreisen Energie günstiger zu beziehen. Auch die netzdienliche Einspeisung bei hohen Markpreisen aus einem Speicher oder überflüssiger Energie aus anderen Generatoren kann sich lohnen, wenn genügend Flexibilität vorhanden ist.
Das EMS muss die dazu nötige Steuerung auf Basis externer Marktpreissignale übernehmen. Hierbei gilt es immer zu prüfen, wie sich das EMS verhält, wenn das Markpreissignal ausfällt oder potenziell fehlerhafte Daten enthält. Wir dürfen in diesem Zusammenhang nicht unterschätzen, dass fehlerhafte Daten potentiell zu einem kostspieligen Bezug von Energie führen können. Grundsätzlich gilt, dass alle externen in das EMS eingebunden Datenquellen unter diesen Aspekten betrachtet werden sollten.
Flexibilisierung
Die Flexibilisierung des netzseitigen Energiebezugs wird eine der Kernaufgaben moderner EMS sein, um maximale Einsparungen zu ermöglichen und ist die Grundlage für die sinnvolle Nutzung dynamischer Strompreise. Die Aussteuerung der Komponenten erfolgt dann auf Basis von lokalen Bedarfsprognosen und Marktsignalen. Da eine Bedarfsprognose meist mit Hilfe von Machine Learning (ML) auf Basis lokaler Daten erfolgt, gilt es zu validieren wie sichergestellt werden kann, dass diese Prognose nicht grob fehlerhaft ist und zu dysfunktionalem Ausregeln der Energieflüsse führt.
Cybersecurity – Wirklich sicher?
Die Einbindung des EMS in externe Cloud Services und die Kommunikation mit den zu steuernden Komponenten bedarf einer Sicherheitsbetrachtung der Kommunikationsinfrastruktur. Hierbei müssen Aspekte der Authentifizierung, Autorisierung, Netzwerksicherheit und Verschlüsselung der Kommunikation betrachtet werden. Häufig existieren jedoch nicht einmal Pläne der installierten Netzwerksinfrastruktur.
Bewertung
Eine sachkundige Begutachtung eines EMS muss je nach Komplexität und gewünschtem Umfang verschiedenste Aspekte bewerten. Ziel der Begutachtung ist die Reduzierung der Risken für ein Systemausfall oder dysfunktionale Energieflussregelung. Die in diesem Artikel angesprochenen Punkte ergänzen die Standard Validierung eines EMS im Rahmen einer Bewertung. Neben den funktionalen Aspekten, sind für das EMS gerade im operativen Bereich Anforderungen an das Monitoring und Patchmanagement der Software zu beachten, um Laufzeitprobleme zeitnah zu detektieren und zu beheben. Im Gegensatz zu technischen Prüfungen, die einen hohen Anteil statischer Aspekte validieren, sind Prüfungen eines EMS primär bezogen auf Laufzeitverhalten und es empfiehlt sich daher eine frühzeitige Integration in das Projekt. Verstärken Sie Ihr Projekt mit unabhängigen sachkundigen EMS Experten, um Ihre Projektrisiken zu minimieren.
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21. Februar 2025